E. Gantenbein: Die Münzmandate der Stadt St. Gallen (1529–1786)

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Titel
Die Münzmandate der Stadt St. Gallen (1529–1786). Anstösse, Erarbeitungsformen und Wirkungen städtischer Satzungen zum Münzwesen im Längsschnitt


Autor(en)
Gantenbein, Ernst
Erschienen
Zürich 2009: Chronos Verlag
Anzahl Seiten
376 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Alois Niederstätter

Im Rahmen seiner Zürcher Dissertation (bei Roger Sablonier) befasst sich Ernst Gantenbein am Beispiel der frühneuzeitlichen Stadt St. Gallen mit einer von der Geschichtsschreibung bislang nur selten systematisch untersuchten Quellengruppe, den «Münzmandaten» oder «Münzedikten». Der Mangel an einschlägigen Forschungen schlägt sich bereits bei der Abgrenzung der Gattung nieder, die der Autor schliesslich folgendermassen definiert: «Es handelt sich um Vorschriften, mit denen der Rat versuchte, über eine Fülle von laufend wiederholten und variierten Regeln und Verhaltensnormen die Stadtbewohner und die Besucher zum richtigen Gebrauch oder Nichtgebrauch einheimischer und fremder Münzen in der Stadt und ihren Gerichten anzuhalten» (S. 239). Auf dieser Grundlage ermittelte er für die Stadt St. Gallen von 1529 bis 1786 insgesamt 136 einschlägige Texte, sodass, statistisch gesehen, knapp alle zwei Jahre ein neues Mandat erging.

Gantenbein beschäftigt sich ausführlich mit der Struktur seiner Quellen, ausserdem stehen die jeweiligen Auslöser für den Erlass von Münzmandaten, deren «Making» sowie ihre Auswirkungen im Mittelpunkt der Untersuchung. Es bestätigt sich die im Umgang mit normativen Quellen immer wieder gemachte Erfahrung, dass die häufige Wiederholung von Anordnungen mit deren mangelnder Wirksamkeit Hand in Hand geht, vor allem wenn die Obrigkeit eine effiziente Kontrolle nicht leisten kann oder vielleicht gar nicht leisten will. Der Autor hält es nämlich durchaus für möglich, dass Mitglieder des Rates selbst oder ihm nahestehende Personen zu den Nutzniessern jener Zustände zählten, die durch die Mandate eigentlich bekämpft werden sollten. Dass die offenbar in der Regel nur mündlich publizierten Texte im Laufe der Zeit immer ausführlicher und komplizierter wurden, es kaum Klarheit gab, welche älteren Bestimmungen weiterhin in Kraft waren, mag ebenso zur geringen Rezeptionsbereitschaft durch die Bevölkerung beigetragen haben wie die verwirrende Vielfalt der im Umlauf befindlichen Münzsorten.

Auch der Bereich des Münzwesens zeigt somit eindrücklich die Grenzen auf, die obrigkeitlichem Handeln in der frühen Neuzeit – trotz stetig wachsender Bürokratisierung – gesetzt waren, wenn die Betroffenen «wenig bis gar kein Interesse an der praktischen Umsetzung der Vorschriften» hatten (S. 252). Weder liessen sich die Sankt-Galler durch Belohnungen vermehrt zu Denunziationen verleiten, noch zeigte die Anhebung der angedrohten Bussen Wirkung, so dass der Rat, der keine aktive Münzpolitik betrieb, sondern stets nur reagierte, hinsichtlich der Münzenwertung mit einem letztlich unlösbaren Problemen konfrontiert war.

Mit Ernst Gantenbeins Buch liegt nun ein methodisch ansprechender, aus dem insgesamt doch ziemlich spröden Quellenmaterial sauber gearbeiteter, weit über die St. Galler Geschichte hinaus – nicht zuletzt auch in hilfswissenschaftlicher Hinsicht relevanter Längsschnitt zum Thema vor.

Zitierweise:
Alois Niederstätter: Rezension zu: Ernst Gantenbein: Die Münzmandate der Stadt St. Gallen (1529–1786). Anstösse, Erarbeitungsformen und Wirkungen städtischer Satzungen zum Münzwesen im Längsschnitt. Zürich, Chronos Verlag, 2009. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 60 Nr. 4, 2010, S. 499-500.

Redaktion
Zuerst veröffentlicht in

Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 60 Nr. 4, 2010, S. 499-500.

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